„Es waren die kleinen Siepen.“

Bezirksregierung Arnsberg überreicht den Förderbescheid vom Wiederaufbauplan Hochwasserschäden an die Stadt Plettenberg.

Thomas Sommer überreicht den Förderbescheid an Bürgermeister Ulrich Schulte und Sebastian Jülich. (Bild: Stadt Plettenberg)

Es verwundert, dass es schon fast zwei Jahre her ist, dass die Hochwasserkatastrophe vom 14. Juli 2021 für Verwüstung im ganzen Land gesorgt hat.

Allein der Stadt Plettenberg entstand hierdurch ein Schaden in Höhe von gut 2,3 Millionen Euro. Glücklicherweise waren es im Ganzen nur Sachschäden und keine Personenschäden.

Durch die „Förderrichtlinie Wiederaufbau Nordrhein-Westfalen“ konnten betroffene Kommunen für die entstandenen Schäden eine Wiederaufbauhilfe (mit Quoten bis zu 100 Prozent) beantragen, was die Stadt Plettenberg im vergangenen Herbst erfolgreich getan hat, es folgte eine problemlose Prüfung. Die Beseitigung aller von uns eingereichten Hochwasser-Schadensfälle wird zu 100 Prozent durch das Land übernommen – wobei dies keine klassische Förderung darstellt, sondern eine so genannte „Billigkeitsleistung“ (hier besteht kein Anspruch auf Gelder, das Land gewährt einen Schadensausgleich aus Fürsorgegründen).

Dennoch ist es ein Förderbescheid, der im Rathaus der Vier-Täler-Stadt seitens der Bezirksregierung Arnsberg offiziell überreicht worden ist. Dafür kam extra Herr Thomas Sommer nach Plettenberg, bei der Bezirksregierung ist er Leiter der Abteilung 3 „Regionale Entwicklung, Kommunalaufsicht und Wirtschaft“.

Nachdem sich alle begrüßt hatten, ging es direkt ans Eingemachte. Thomas Sommer holte die Dokumente aus seinem Ordner und übergab sie an Plettenbergs Bürgermeister Ulrich Schulte, mit den Worten: „Bittesehr, den darf ich Ihnen geben.“

Nachdem Ulrich Schulte nochmals die gesamte Fördersumme in Höhe von 2.319.500,00 Euro vor sich sah, antwortete er: „Die Bezirksregierung wird ja für diesen Zweck schon deutlich größere Förderbescheide überreicht haben.“, was der Repräsentant der Bezirksregierung bestätigen konnte. Beide waren sich aber einig, dass jeder Schaden ins Gewicht falle, ob in einer mehr oder einer weniger betroffenen Kommune.

Darüber entfaltete sich ein Gespräch über die starke Zusammenarbeit während und nach der Flutkatastrophe, auch in benachbarten Kommunen, die bis heute mehr zu bewältigen haben, als Plettenberg.

Aber auch über die Art, wie das Starkregenereignis zugeschlagen hatte: „Es waren die kleinen Siepen, die teilweise im Sommer noch nicht mal Wasser führen. Die sind plötzlich über die Ufer getreten. Mit den großen Flüssen und Bächen hatten wir keine Probleme.“, erinnert sich Bürgermeister Ulrich Schulte. Thomas Sommer sah das auch so: „Das war durchaus überraschend, wo jetzt aber ein ganz neues Monitoring aufgezogen wird, damit man nicht mehr in diese missliche Lage reinkommt.“

Tatsächlich arbeiten Bund, Land, Bezirksregierungen, Kreise und Kommunen in einem fortlaufenden Prozess an einer besseren Absicherung gegen solche Unwetterereignisse (siehe Hintergrund). Sebastian Jülich, Fachgebietsleiter „Planen und Bauen“ bei der Stadt Plettenberg, appellierte aber auch an die Eigenverantwortung der Grundstücksbesitzer entlang der Gewässer in der Vier-Täler-Stadt, selbst vorzusorgen: „Ob beim Mäuerchen bauen oder Brücke selber bauen auf dem eigenen Grundstück, oder wenn man beispielsweise die Heuballen auf dem Feld lagert – das wird dann schnell zum Abflusshindernis.“

Die Stadt Plettenberg bedankt sich in jedem Fall bei der Bezirksregierung Arnsberg für die stets gute Zusammenarbeit, gerade in dieser Sache.

Aber nicht nur das: Rückblickend ist es kaum noch greifbar, wie die Menschen in Plettenberg, wie die Mitarbeitenden des Baubetriebshofs und der Stadtverwaltung, wie die Feuerwehrleute dieses Starkregenereignis von 2021 bewältigen konnten. Der ersten Flut folgte eine zweite: Die der Aufgaben.

Die Stadt Plettenberg möchte sich daher zudem ausdrücklich bei allen Beteiligten für ihren großen Einsatz bedanken, ob beruflich oder privat.

 

Hintergrund:

Wie eingangs erwähnt, wurde auch die Stadt Plettenberg vom Hochwasserereignis im Sommer 2021 nicht verschont. Die Niederschläge zwischen gut 80 Zentimetern und knapp 1,2 Metern pro Quadratmeter in kürzester Zeit verursachten unter anderem die Schäden auf dem Gebiet der Vier-Täler-Stadt. Die Niederschlagsmengen entsprachen denen, die normalerweise im gesamten Monat Juli runterkommen.

Bei den Hochwassern war es nicht mal die Lenne, die große Probleme bereitete, auch das Kanalnetz war in Plettenberg allem recht gut gewappnet. Wie vielerorts im Märkischen Kreis waren es die kleinen Flussläufe und Bäche, wo die Wassermassen über die Ufer traten und Schäden verursachten.

Natürlich waren Feuerwehr und städtischer Baubetriebshof auch mit externer Unterstützung durch benachbarte Kräfte bei ihren Erstmaßnahmen sofort im Einsatz. Es folgten andauernde Kontrollfahrten zu Straßen, Brücken, Wasserläufen und das Durchführen und Überwachen von Räumungs- und Reparaturarbeiten.

Dies wurde zu einer Materialschlacht, allein 150.000 Euro mussten für ein neues Einsatzfahrzeug der Feuerwehr und Material- und Geräteeinsatz für die Unwetterbewältigung durch Feuerwehr und Baubetriebshof eingerechnet werden.

Im Lennetal wird der Schaden an ausgespülten Banketten und Böschungen, unterspülten Straßen, beschädigten Stützmauern und Durchlassbauwerken mit 365.000 Euro beziffert, 335.000 Euro Schäden gab es in der Bahnhofstraße, 315.000 Euro im Bereich „In der Blemke“ – um nur die größten Posten zu nennen.

Das Übergangsheim in der Ohler Straße 100 wurde mit schlammigem Wasser durchspült, weil die Wortmecke in diesem Bereich über die Ufer trat. Keller und Umfeld des Gebäudes waren eine Schlammwüste, nachdem das Wasser abgeflossen und –gepumpt war. Hier griff zum Glück die Elementarschädenversicherung. Es bleibt allerdings die Selbstbeteiligung von 12.500 Euro.

Weitere Schadensgebiete waren die B236-Brücke am Kahley (über dem Sillbach), die Brücken in Hilfringhausen oder Auf der Weide, der Baddinghagener Weg im Bereich des Baches und auch die Jeutmecke. Brücken, Straßen und Wege, Mauern, an Ufern anliegende Bauten… es gab fast nichts, wo die Wassermassen nicht gewütet hätten.

Das Fachgebiet „Finanzen und Liegenschaften“ ging hier und im weiteren Verlauf mit der Auszahlung einer Art städtischer Soforthilfe in Vorleistung. Knapp zwei Monate später gab es 24 Anträge von Privathaushalten auf die Auszahlung von Soforthilfen des Landes, nur vier davon wegen geringfügigen Schäden. Von gewerblicher Seite waren es neun Anträge. Es fanden Ortstermine und Beratungen statt, Stellungnahmen für Versicherungen und Schadensberichte wurden erstellt.

Um künftig für solche Unwetterereignisse gewappnet zu sein, wurde aber auch in die Zukunft gedacht. Maßnahmen zum objektbezogenen Hochwasserschutz für städtische Gebäude werden seitdem geprüft und verbessert – beispielsweise in der Ohler Straße 100 oder dem Schulzentrum Böddinghausen. Beim damals schon begonnen Neubau der Brücke am Lehmweg wurde ohnehin auf einen deutlich höheren Querschnitt geachtet, damit mehr Wasser ungehindert durchfließen kann. Die Ressourcen für solche Unwetterereignisse wurden beim Baubetriebshof aufgestockt. Die Versicherungen der städtischen Gebäude werden gerade mit Blick auf Elementarschäden laufend auf Stand gehalten.

Aber auch die Bürgerschaft muss immer wieder sensibilisiert - und ein Problembewusstsein geschaffen werden. Die Stadt Plettenberg steht hier beratend zur Seite. Bürger und Bürgerinnen können sich aber auch einbringen! Gemeinsam mit dem Kreis und anderen Kommunen wurde das Klimafolgenanpassungskonzept „Wasser“ auf den Weg gebracht und dauerhaft weiter ausgearbeitet, auch weiter mit Anregungen aus der Bevölkerung.